SUPERQUADRA

Die Performance SUPERQUADRA erzählt die Geschichte vom Ende der Architektur.
Im Turm von Babel, in Idealstädten des ausgehenden Mittelalters bis hin zur amerikanischen Neuzeit, finden sich Entwürfe von neuen Welten. Landchaften aus Beton und Glas erstrecken sich durch den südamerikanischen Dschungel und über die italienischen Alpen. Mit dem Wunsch einer geplanten, geordneteren und endgültig gerechteren Gesellschaft entstehen an den Reissbrettern und Computern der Jahrhunderte Systeme und Berechnungen, die ideale Proportionen und Verhältnisse vorbringen sollen; geplante Städte und Gebäude für ein perfektes Leben. Leonardo da Vinci, Albert Speer und Walt Disney arbeiten im Fieber an den Achsen ihrer neuen Ordnungen.

Einmal angelegt, finden sich Bewohner in den schönen neuen Rastern wieder. Und irgendwann passiert, was passieren muss: Im futuristischen Gebäudekomplex Super-Quadra 67 beginnt Oscar N. damit, eigene architektonische Verbesserungen vorzunehmen. Nach und nach mutiert das Gebäude, während auch andere Bewohner beginnen, ihren eigenen Interessen Form zu geben.

SUPERQUADRA ist eine einstündige Live-Video-Performance. Der Raum wird eingenommen von einer Kulissenwelt, Miniaturen und Modellen. Figuren und Darsteller agieren vor Kameras und erzählen die Geschichte von Super-Quadra 67. Zeitgleich wird die Geschichte verschränkt mit dokumentarischem Material vergangener Utopien und Planstädte.
In der Zusammenarbeit einer Trickfilmerin mit einem Programmierer, einem Musiker, sowie einer Figurenspielerin, entsteht eine atmosphärisch dichte Komposition verschiedener Mittel. Der Live- Trickfilm verschränkt Ein- und Aufsichten auf den Wohnkomplex mit Computersimulation, Texten und Effekten. Es entsteht dabei eine mehransichtige Collage, die sich auf einer gekrümmten Panoramaleinwand vor den Zuschauern ausbreitet. Programmierter Code reagiert auf Filmszenen und gesprochenes Wort.
SUPERQUADRA zeigt den Bau einer Stadt, die Entstehung eines Films sowie eine Recherche um die Frage, wie Architektur Gesellschaft plant und wie Gesellschaft Architektur gestaltet. Die Arbeit an den Objekten findet vor den Augen der Zuschauer statt. Dabei ist jedes Filmbild gleichzeitig verbunden mit dem Moment seiner Herstellung: Wohnräume und Stadtansichten werden auf der Bühne konstruiert und vor der Kamera manipuliert. Die Umformung von Super-Quadra 67 wird zum realen Ereignis.

„Brasilia hat keine Geschichte, die Stadt ist pure Theorie. Ein Ideal, das Optimum – doch eben nur auf dem Reißbrett. Brasilia ist Kulisse. Bis ins Detail durchdacht und konzipiert. Sie scheint perfekt zu sein. Diese Stadt. Diese Maschine. Der Grundriss der Stadt gleicht einem Flugzeug. Mehr Zukunft geht wohl nicht.
Für das wirkliche Leben hielt sie nicht das Beste bereit. Die Menschen wohnen hier nicht gern. Offenbar suchen sie nicht unbedingt ein Ideal. Sie suchen ein Zuhause.“

Andrea Schorsch: Brasilia – die Zukunftsstadt von gestern / ntv / 27. 11. 2015

Konzept & Umsetzung: Jost von Harleßem, Hanke Wilsmann
Figurenspiel: Cali Kobel
Setdesign: Ben Goossens
Musik: Philip Albus
Sounddesign: Rupert Jaud
Ausstattung, Figurenspiel: Friederike Schmidt-Colinet
Weitere Texte: Dietmar Dath
Sprecher: Fredrik Jan Hofmann, Dietmar Dath
Figurenkostüme: Melchior B. Tacet
Figurenmechanik: Ingo Mewes
Produktion: Heidrun Schlegel

März 2017 Recherchephase in Fleetstreet Theater Hamburg
30.08./01. + 02.09.2017  Treibstoff Theatertage Basel
21. + 22.09.2017 Wunder der Prärie Mannheim
24.–26.10.2018 Mousonturm Frankfurt
15. + 16.11.2018 Fast Forward Festival – Staatsschauspiel Dresden
19.09.2019 Fritz-Wortelmann Preis in Bochum
28. + 29.11.2019 BAUWHAT? Festival – Staatstheater Darmstadt

Teil der Shortlist “Stücke in der Diskussion” des Stückemarkts des Berliner Theatertreffens 2018

« In einer einstündigen Video-Live-Performance erschaffen F. Wiesel eine Parallelwelt zur modernen Architektur. Die Kamera streift durch hölzerne Modellkästen, die aufs Zauberhafteste umperfekt den Perfektionismus der Architekturbestrebungen des 20. Jahrhunderts demontieren. […] In perfektem Timing entfaltet sich ein skurriles Multimedia-Spektakel des individuellen Widerstands gegen eine zu Ende optimierte Welt, in der die Performer selbst allerdings zu Dienstleistern eines bis ins Detail vorprogrammierten Ablaufs werden müssen. Was ihnen perfekt gelingt. »

Barbara Burkhard, Theater Heute. Januar 2018.

« […] in diesem Jahr zeigten die Multimedia-Puppenspieler von F. Wiesel ihr faszinierendes, detailverliebtes Spektakel „Superquadra“ in der beeindruckenden Multihalle – einem Überbleibsel der Bundesgartenschau 1975, das zuletzt wegen seines maroden Zustandes politisch zur Disposition gestellt wird. So greift das Festival mit seinem oft politischen, engagierten Programm immer auch in die Stadt hinein. »

Esther Boldt. Theater heute. November 2017

« […] Das können Belanglosigkeiten oder so ein treffender, skurriler Theateressay wie bei “Superquadra” sein, den man gern noch einmal nachlesen möchte. Das deutsche Duo 
F. Wiesel aus Gießen benutzt den Bauhaus-Begriff von der “Wohnmaschine” als Aufhänger und entwirft ironisch einen gewaltigen Wohnquader der Zukunft, in dem wir wieder Gefangene des vermeintlich befreiten Wohnens werden. […] »

Michael Bartsch. Nachtkritik. 19. November 2018.

« […] Noch weiter in die Zukunft führt die geniale Dystopie „Superquadra“ der Gruppe F. Wiesel (Hanke Wilsmann und Jost von Harlessem). Im Zentrum steht der Entwurf einer perfekten Architektur, eines künstlichen Paradieses aus Gängen, futuristischer Wohlkultur und effizienten Verwaltungsprozessen. Doch was passiert, wenn der Mensch beginnt, aus dem perfekten Gefängnis auszubrechen? Statt auf wahre Schauspieler setzen die Regisseure auf kleine Puppen, die sich mithilfe magnetischer Metallstangen bewegen lassen. In auf der Bühne errichteten Miniaturzimmern verfolgen wir den Weg des Postboten Oskar, den wir über eine stets präsente Kamera groß auf einer riesigen Leinwand sehen können, bis er am Ende in einer vierten Dimension verschwindet – eine beängstigende Baukastensimulation inklusive eines Menschen, der sich nur noch als Teilchen im Getriebe erweist. So bleiben nach diesem Festival zahllose Eindrücke wie auch die Erkenntnis, dass Theater selbst nach unzähligen Avantgarden doch dazu in der Lage ist, sich immer wieder neu zu erfinden. »

Björn Hayer. Theater der Zeit. November 2017

« […] Highlight zum Schluss: Am spannendsten und aufwendigsten war jedoch mit Sicherheit die Live Video Performance «Superquadra». Die Künstlerformation F. Wiesel erzählt von der Zukunft, in der bebaubarer Boden knapp ist und man ein riesiges, verschachteltes Gebäude errichtet, in dem vier Millionen Menschen Platz haben. Mit kleinen Figuren wird das Leben von drei Bewohnern des Superquadras gezeigt.

Im Puppenhausformat zeigen sie das Leben von Oskar, der im Superquadra die Post ausliefert. Duch durch die vielen, verrückten Projekte der anderen Bewohner wird er schon bald daran gehindert. Mit der Kamera wird so nah an die Figuren herangezoomt, dass man sie in Lebensgröße auf dem Bildschirm beobachten kann. Durch feinstes Fingerspitzengefühl und perfektes Timing gelang es den Darstellern, [das] Leben im Superquadra einzufangen. (…)
So wird Performance-Kunst für jeden zugänglich. Sie macht abstrakte Sachverhalte vorstellbar und verpackt diese zudem so humorvoll und persönlich, dass ich mich ihr einfach hingeben musste. »

Lisa Kistner. Basler Zeitung. 1. September 2017.

Eine Koproduktion von: Treibstoff Theatertage BaselF. Wiesel GbR,  Fleetstreet Theater Hamburg

gefördert von: Kulturamt der Stadt FrankfurtRudolf-Augstein-Stiftung, Hamburgische KulturstiftungKulturbehörde Hamburg, Lumitronix GmbHStiftung für Radio und Kultur Schweiz, sowie  der Jürgen Ponto-Stiftung zur Förderung junger Künstler im Rahmen des Ponto Performance Preis 2017, einem Kooperationsprojekt mit dem Künstlerhaus Mousonturm und der Hessischen Theaterakademie. 

mit freundlicher Unterstützung der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch.