« Auf einer Sonderfrequenz wird ein unbekannter Kanal gefunden. Er überträgt die Nachrichten eines andersartigen Ortes: Clarenville. Clarenville ist irgendwann verloren gegangen und folgt eigenen Regeln: Ein Frettchen wird plötzlich zu einer Waldlichtung. Ein Astronaut wird von einem Schwamm erschlagen und Uhren werden eigensinnig. Ausgestattet mit einer Überwachungskamera, Fernsehmonitoren und einem alten Plattenspieler, wird aus einem Sammelsurium an Fundstücken eine dichte Bilderwelt. Die Erzählungen sind die fantastischen Dokumente einer verloren gegangenen Welt. »
Clarenville ist ein Objekt- & Figurentheaterstück.
Der Zuschauer sieht zwei Spieler, wie sie an einem Tisch live vor einer Kamera einen Film konstruieren. Dieser wird zeitgleich auf viele im Raum verteilte Fernseher, zusammen mit Musik, übertragen. In Anlehnung an Stumm- und Genrefilme arbeitet die Performance mit Versatzstücken aus nachgestellten Filmzitaten, Objekten, bekannten Erzählstrukturen und Filmtricks. Die erzählte Geschichte ist phantastisch, nicht direkt narrativ und sowohl eine Beschreibung eines fiktiven Ortes, als auch die Reflexion über ein Medium. Die Spieler manipulieren die Bilder in der direkten Verlängerung der Bildröhre – das wiederholbare, konservierte Fernsehbild wird zum Live-Act.
Aufführungen: 22.10.2010 – Waggonhalle Marburg (Skizze) / 17.08.2011 – Raum für Kultur, Frankfurt / 22.09.2011 – Exkurs Zwischenraum, Gießen / 04.02.2012 – X Stunden HTA, Frankfurt Lab / 18.03.2012 – Exkurs Zwischenraum, Gießen / 25.07.2012 – Hardthof/ARThof, Gießen / 14.12.2012 – Ludwigstraße 6, Gießen / 18.09.2013 – Wunder der Prärie, Mannheim
[…] Das Besondere des Abends liegt in der Art und Weise der Vorstellung: […] Die Puppenspieler erwecken die Vorstellung vieler Kinder zum Leben, derzufolge im Fernsehkasten kleine Männchen leben, die hinter der Glasscheibe für Bewegung sorgen. Die alten Fernsehgeräte, das früh-moderne Musikspielgerät, die Kamera, das Plüsch-Frettchen, der verqualmte Saal und die leicht verzerrte Old Western Country Musik schmelzen letztendlich zu einer Darbietung zusammen, die noch eine Weile in Erinnerung bleibt […]
Giessener Allgemeine Zeitung vom 18.12.2012
„[…] Dabei ist es doch ganz einfach: Wenn man weiß, wie der „Hamlet“ gemacht wird, glaubt man vielleicht weniger an „Hamlet“, aber paradoxerweise noch inniger ans Theater als eine Maschine, die tatsächlich bloße Fantasien/Träume gegenständlich wahr machen kann. Und wenn man weiß, wo die Gebäude stehen, die Godard für „Alphaville“ verwendet hat, glaubt man vielleicht weniger an „Alphaville“, aber noch mehr an eine Welt namens „Godard“, in der ein kluges Auge das Phantastische und Zukünftige im Gegenwärtigen bemerkt. Also, erste besondere Leistung von „Clarenville“: Ein momentan in der Großunterhaltung sehr erfolgreiches Prinzip wird auf einen Raum mit wenigen Leuten, eine intime Miniatur runterskaliert und holt damit das sehr Große (Weltraum…) ins vollkommen Transparente. […] Man genießt die Rahmenvielfalt, ohne dass je einer der Rahmen zusammenstürzt oder abgetan wird – extrem aufgeklärt, extrem souverän. […] die Heterogentität, das Nicht-Zusammenpassen der Figuren wird einfach dadurch wegemanzipiert, dass sie zueinander in wirksame, handlungsträchtige Beziehungen treten, die man aus der Menschenwelt kennt vom Einanderzulabern im Zug bis zur Hilfe auf einer langen Wanderschaft.
Die vierte Leistung ist der Plot selber: Er besteht, wie etwa die großen Spiele mit der Romanform von Leuten wie Laurence Sterne oder William S. Burroughs, praktisch nur aus Abschweifungen, aber man verliert trotzdem nie das Interesse, weil die Abschweifung nur die Bahn ist, auf der das Konzept seine enorme Leistungsstärke für ganz verschiedene Erzählvaleurs, von der grotesken Komik irgendwo zwischen Quay Brothers und Monty Python bis zur melancholischen Totenklage, beweisen kann.
Der Sprachwitz der Zwischentitel tut ein übriges, icing on the cake.“
Dietmar Dath, zur Vorstellung am 18. September 2013, Mannheim